Accrochage #2

PRESSETEXT


Jean-Marie Biwer
Damien Deroubaix
Michael Kalki
Gabriele Langendorf
Manuel Ocampo
Maja Weyermann

Accrochage # 2

Galerie ohne feste Bleibe
Kuratiert von Silke Immenga

„Accrochage, [frz. von accrocher‚ ‚auf-, anhängen‘ ], die, in Frankreich spätestens seit den 60er Jahren des 20. Jh. für die Hängung von Bildern in Mus. gebräuchl. Ausdruck, der in die internationale Galeristensprache eingegangen ist i. S. von Ausstellungen eigener Bestände von Privatgal., meist Werke versch. Künstler.......“ (Der Kunstbrockhaus, Band 1)

Accrochage #2 knüpft an die Ausstellung des letzten Jahres an, die in den Räumen des ehemaligen Drogeriemarktes „Schlecker“ in St. Arnual stattfand. Die Galerie ohne feste Bleibe versteht sich als Zwischennutzungsprojekt, um Leerstand zu vermeiden. Dieses Jahr wird die Ausstellung in dem Gebäude zu sehen sein, welches vorher vom Möbelhaus „Canapé“ genutzt wurde. Abermals wurden die Räume so belassen wie vorgefunden, um sie nach Ausstellungsende dem Vermieter wieder zu übergeben. Der Ausstellungstitel weist darauf hin, daß es sich weder um eine Themen- noch um eine Einzelausstellung handelt. Es werden sechs zeitgenössische Künstler/Innen gezeigt, die teils international, teils regional bzw. in Saarbrücken arbeiten. Wiederum werden mit Malerei, Fotografie und Skulptur unterschiedliche Kunstgattungen ausgestellt.

Für den Maler Jean-Marie Biwer (*1957 Dudelange/ Luxemburg) steht scheinbar die Landschaft im Vordergrund seines Schaffens. Die Virtuosität seiner Malerei zeigt sich deutlich in den unterschiedlichsten Bildformaten. Sowohl in den großen, überdimensionierten als auch in den fast an Miniaturmalerei erinnernden kleinen Werken steht die Natur erhaben über der Zivilisation. Auf den kleinformatigen seriell angelegten Formaten stammen die Motive von einer Reise nach Südfrankreich und fungieren in ihrer Reihung wie ein Tagebuch aus Bildern.

Damien Deroubaix (*1972 Lille/ Frankreich) ist bekannt für seine großen Holzschnitte, Bilder und Zeichnungen, die Motive und Symbole aus dem Bereich des Traums bzw. des Albtraum aufgreifen: Monster, Skelette, Gewaltszenen sowie Kriegsmaschinen stehen für eine finstere und düstere Welt, die das menschliche Bewußtsein oftmals verdrängt. In der Ausstellung ist der Künstler mit einem Objekt vertreten, das einen Tierschädel darstellt. Der Tierschädel als Vanitas-Symbol ist eine Mahnung an das Vergängliche und fügt sich in die Ikonographie des Künstlers ein.

Michael Kalki (*1969 Ravensburg) gelingt es, die Dichotomie von digital generierter Kunst und einer Malerei im traditionellen Sinne aufzubrechen. Skizzen und Entwürfe seiner gemalten Bilder entstehen im Computer und sind auf seinem Blog abzurufen. So ist der Entwurfs- und Arbeitsprozeß im Netz zu verfolgen. Auf seinen Werken kombiniert er gegenständliche Malerei mit am Computer erzeugten Flächen. Oftmals erscheinen bekannte Personen aus Politik und Geschichte collagiert auf gemusterten Hintergrund; eine surreale Antwort auf die Schizophrenie unseres menschlichen Daseins.

Die Malerin Gabriele Langendorf (*1961 Rheinfelden ) arrangiert auf blau-grauer Wandfarbe im unregelmäßigen Rhythmus ihre kleinformatigen Leinwände als Petersburger Hängung. Hiermit hebt sich der Hintergrund von den übrigen Wandflächen in den Ausstellungsräumen ab und faßt die Bilder als eine von der Künstlerin konzipierte Installation zusammen. Die Stillleben zeigen alltägliche, gewöhnliche Dinge. Der Zauber, der von ihnen ausgeht, rührt aus dem Unspektakulären und der Zurückhaltung in der malerischen Wiedergabe. Obwohl auf dem ersten Blick die Gegenstände beinahe fotorealistisch wirken, ist bei näherer Betrachtung der Malprozeß deutlich sichtbar und erfahrbar.

Manuel Ocampo (*1965 Quezon City/ Philippinen) ist ein Maler, der alle Sehgewohnheiten sprengt und mit der Verwendung von Symbolen und Zeichen provoziert. Titel und Schrift auf den Bildern kommentieren die ohnehin schon rätselhaften Werke. Seine Bildsprache ist eindringlich, intensiv und in kräftigen Farben gemalt. Die in der Ausstellung gezeigten aktuellen Bilder nehmen Bezug auf Matisse und Pablo Picasso. Kaum hat sich der Betrachter auf die friedlichen und harmlosen Blumenstilleben eingelassen, werden sie im gleichen Augenblick mit negativer Symbolik konterkariert.

Die Fotografin Maja Weyermann (*1962 Huttwil/ Schweiz) beschäftigt sich in ihrer Fotoserie „Chandigarh“ mit der Architektur der Klassischen Moderne von Le Corbusier. Der Architekt plante und baute in den 50er Jahren im Norden Indiens eine Stadt mit zahlreichen öffentlichen Gebäuden. Wayermann fotografierte die faszinierende Architektur Le Corbusiers in der Absicht, sie mit der fremden Lebenskultur zu konfrontieren. Auf den menschenleeren meisterhaften Architekturfotografien stehen die genialen Bauwerke Le Corbusiers in bizarrem Widerspruch zu der tatsächlichen Nutzung der Gebäude durch die indische Bevölkerung. Hiermit wird der vermeintliche rein ästhetische Anspruch zur sozial engagierten Praxis.

© 2014 Accrochage - Silke Immenga